Albanien, das ungezähmte Land auf dem Balkan. Bis zur Wende und zum Zusammenbruch des Ostblocks kaum zugänglich und von einer erstaunlichen Paranoia des Systems geprägt, hat es sich anders entwickelt als die anderen Staaten auf dem Balkan. Das fühlt man noch heute, wenn man aus den Ländern Ex-Jugoslawiens einreist. Alles ist sympathisch chaotisch und vieles ist erlaubt, was in den meisten Ländern Europas seit Langem verboten ist. Für uns dabei am relevantesten: Offroad-Fahren und wildes Camping. Wie sagte uns ein Albaner, den wir beim Harpunenfischen getroffen haben schulterzuckend: „Es gibt einfach keine Regeln…“. Das führt leider auch zu vielen Bausünden und -ruinen und zu einem überbordenden Müllproblem.
Wir sind zum ersten Mal in Albanien und viele erfahrene Albanien-Reisende klagen bereits über zu viele Touristen und eine sich stetig weiter entwickelnde Infrastruktur. Für uns bot das Land zwischen den albanischen Alpen und der Adria noch genügend Freiheiten und Charme. Und vor allem sympathische Menschen, die sich noch ehrlich über uns Besucher freuen.
Tolle Hilfe haben wir durch den Reiseführer von Michael Müller erhalten. Campingplätze werden hier recht wenig genannt, diese haben wir aber oft über die App Park4Night oder durch persönliche Empfehlungen gewählt.
Inhalt
Unsere Route durch Albanien
Einreise und erste Besorgungen in Shkodra
Von der Montenegrinischen Adriaküste her, die uns wirklich nicht gut gefallen hat, ging es zum Grenzübergang Muriqan – Sukobin und innerhalb von ca. 30 Minuten waren wir in Albanien eingereist. Zur Einreise wird auch hier die grüne Versicherungskarte benötigt – also nicht vergessen, diese einzupacken. Erster Stop war Shkodra, um Lek zu holen und eine SIM-Karte zu besorgen. Diese kauft man am besten bei Vodafone, wo ein Touristenpaket für 14 Tage mit 10 GB Datenvolumen 1300 Lek (ca. 11 €) kostet.
Shkodra selber ist eine quirlige Stadt, die im Sommer aus allen Nähten quillt und man hat Mühe, einen Parkplatz zu finden. Wir haben uns spontan wohl gefühlt. Das Straßenleben ist anders als in den bisherigen Balkan-Ländern und hat uns ein wenig an Lateinamerika erinnert.
Von Shkodra nach Theth und offroad über die Südroute zurück
Nördlich von Shkodra geht es in die albanischen Alpen. Diese Region war in der Vergangenheit recht abgeschieden und entsprechend archaisch mutet auch heute noch das Leben der Menschen in den Bergen an. Wer kann, versucht etwas mit dem wachsenden Tourismus zu verdienen oder geht vom Land in die Städte. Wir haben uns gefreut, dass einige junge Leute ihr Glück versuchen und kleine Campingplätze oder Restaurants aufmachen, in denen man entlang der Straße essen oder schlafen kann.
Boge
In Boge endete vor einigen Jahren noch die Asphaltstraße in Richtung Theth. Wir haben in Boge im Boge Alpin Resort gecampt (12 € für 2 Personen und Camper) und sehr lecker zu Abend gegessen und gefrühstückt.
Heute hat sich das Asphaltband weiter in die Berge hinauf gearbeitet und der gesamte Qafa e Thorës (Thore-Pass) ist jetzt (Sommer 2019) asphaltiert. Danach geht es dann auf holpriger Piste weiter nach Theth.
Immer wieder kommt die Frage auf, mit welchem Fahrzeug man diese nördliche Route befahren kann. Ich denke, ein nicht zu langes Fahrzeug mit etwas mehr Bodenfreiheit sollte ausreichen (z.B. VW-Bus T3 / T4). Die Einheimischen prügeln quasi jedes geeignete und ungeeignete Fahrzeug dort hoch. Wir haben einen mit 4 Personen besetzten VW Up Mietwagen gesehen und können nur hoffen, dass da das komplette Versicherungspaket abgeschlossen wurde.
Theth
Theth ist eine Streusiedlung entlang es Flusses und hat nicht wirklich viel zu bieten. Von hier aus kann man aber die bekannte und sehr schöne Wanderung in das Nachbartal von Valbona beginnen. Die Wanderung ist ca. 18 km lang und kann an einem Tag begangen werden. Tourveranstalter bieten dann einen Rücktransport von Valbona an, man muss aber mit einer langen Autofahrt rechnen. Wer mit dem eigenen Wagen anreist, wandert am Besten an einem Tag nach Valbona und von dort am nächsten Tag wieder zurück.
Die Offroad-Südroute von Theth nach Shkodra (Kir-Tal bis Prekal)
Kurze Routenbeschreibung
Wir beginnen die südliche Route zurück nach Shkodra in Theth und verlassen den Ort entweder im Norden über die Brücke oder weiter südlich durch eine Furt. Letztere hatte bei uns im August noch recht viel Wasser, so dass wir uns für die Brücke entschieden haben. Zuerst folgt die Piste dem Flusslauf und zieht dann den Berg hinauf. Nach ca. 12,5 km sehen wir eine Kirche und dann eine verlassene Gebäudeanlage, vermutlich eine alte Militärstation. Wir fahren weiter und kommen nach ca. 13,7 km ab Theth auf Asphalt. Ein Dörfchen mit einer Schule liegt hier und das Asphaltband endet bereits wieder nach einigen 100 Metern.
Eine Brücke nach ca. 16 km ab Theth bietet die Möglichkeit für eine Erfrischung. Hier gibt es auch eine schöne ebene Fläche, wo man auch mit mehreren Fahrzeugen lagern und sich auf die kommenden ca. 35 km vorbereiten kann. Nachdem man den Fluss überquert hat, steigt die unbefestigte Piste zu einer weiteren Passhöhe an. In diesem Abschnitt ist sie sehr schlecht, stark ausgewaschen und zum Teil auch sehr steil. Ab der Passhöhe führt sie uns in Richtung Prekal wieder hinab ins Tal, wo die Asphaltstraße auf uns wartet. Auf den letzten Kilometern der Piste wird viel Holz gemacht und die Stämme mit alten 4×4 LKW der DDR-Marke IFA transportiert. Coole Gefährte und noch immer voll funktionsfähig! Wir sind gegen 12 Uhr Mittags in Theth losgefahren und waren gegen 17:30 Uhr auf der Asphaltstraße in Prekal, benötigten somit 4,5 h ab Theth, da wir ca. 1 h Pause gemacht haben.
Wahl des Fahrzeugs
Es kam auch hier die Frage auf, mit welchen Fahrzeugen die Strecke befahren werden kann. Mit einem voll ausgerüsteten Offroadfahrzeug stellt die Südroute Theth technisch keine große Schwierigkeit dar. Auch mit unserem L200 mussten wir keine Streckenabschnitte zuvor begehen oder unterbauen. Trotzdem waren wir froh über etwas mehr Bodenfreiheit, Allrad und vor allem die Untersetzung, da man dadurch materialschonender (Kupplung!) und präziser fahren kann. Mit einem VW T3 oder T4 2WD wurde die Route wohl schon mehrfach befahren und jeder muss selber entscheiden, ob er sich das zutraut. Box-Camper auf Ducato-Basis („Familie Pössel und Co“) sollten sich das Vergnügen aber unbedingt sparen! Wir empfanden die Route alleine schon aufgrund der schieren Länge als anstrengend. Die Ausblicke und die Einsamkeit entschädigen aber um ein Vielfaches. Nachmittags hatten wir 3 h lang keinen Verkehr auf der Piste. Was für ein Abenteuer!
An den Stauseen des Drin und mit der Fähre von Koman nach Fierze
Diesmal ließen wir Shkodra rechts liegen und fuhren direkt an den Stauseen des Drin vorbei in Richtung Koman. Der Camping Agora / das Agora Farmhaus laden zur Übernachtung direkt am See ein. Geführt wird der Campingplatz von ein paar jungen Männern, die sich bemühen, ein schönes kleines Restaurant mit dazugehörigem Campingplatz zu betreiben. Der Platz ist erst seit ein paar Monaten in Betrieb und bietet direkten Seezugang und auch die Möglichkeit, lecker zu essen. Wir waren verwundert, wie viel Leben in dem Stausee ist: Viele Fische und Seeschlangen sind sogar vom Ufer aus zu sehen.
Der Campingplatz bietet sich aber vor allem als letzte Station vor der Koman – Fierze Fährfahrt an. Hierzu reserviert man zumindest zur Hauptsaison am Besten einen Platz auf einem der Fährschiffe. Wir sind bei Alpin.al mitgefahren, einer Gesellschaft, die etwas größere Fähren (ca. 40 Autos) betreibt und bekamen eine formlose Bestätigungs-E-Mail auf unsere Online-Reservierung. Abfahrt ist immer morgens um 9 Uhr in Fierze und entsprechend um 12 Uhr in Koman. Wir waren extra früh am Sammelparkplatz unterhalb des Fährhafens mit der Konsequenz, innerhalb von einer Stunde komplett zugeparkt zu sein. Bei dem Trubel und dem chaotischen Verkehr waren wir fast sicher, nicht mehr mitgenommen zu werden, zumal sich der Stau sogar bis durch den Tunnel vor dem Anleger durchgezogen hatte. Tatsächlich stand unser Name dann aber doch auf einem handgeschriebenen Zettel und wir konnten auf die Fähre auffahren. An Deck musste gewendet werden, damit das Ausfahren in Fierze vorwärts in Fahrtrichtung erfolgen kann. Eine wichtige Maßnahme, da der See aktuell wenig Wasser hat und anstelle des regulären Anlegers nur eine Dreckpiste in Fierze angefahren werden kann.
Die Fährfahrt ist herrlich und für jeden Albaner wohl auch ein absolutes Muss! An Bord werden Albanische Volkslieder gespielt und es wird gesungen und getanzt. Die wenigen Sitzplätze an Bord sind schnell belegt. Wer also auf Nummer sicher gehen will, bringt seine eigenen Campingstühle mit an Deck! So konnten wir gemütlich sitzen und hatten freie Platzwahl!
Valbona
Von Fierze führte uns die Straße über das Städtchen Bajram Curri (klingt wie ein Gericht beim Inder) in das Valbona-Tal. Valbona ist deutlich einfacher über eine Asphaltstraße zu erreichen als Theth im benachbarten Tal und deshalb touristisch auch deutlich besser erschlossen. Es handelt sich aber auch nicht um einen Ort mit Ortskern sondern auch wieder um eine Streusiedlung. Momentan steht im Zentrum das Skelett eines großen im Bau befindlichen Hotels. Mal schauen, ob das jemals fertig wird?
Nachdem wir uns zunächst auf übler Piste durch das Flussbett bis ans Ende des Tals gequält hatten, entschieden wir uns aufgrund der Masse an Wanderern gegen einen Wildcampingplatz und für einen Aufenthalt auf dem Naturcampingplatz des Hotels Rilindja, etwas weiter vorne im Tal. Der Platz ist absolut idyllisch gelegen und jeden seiner 10 € wert.
Wanderung Quafa e Rosit / Maja e Rosit (Rosni Peak)
Von hier aus ging es bei brütender Hitze los zur Wanderung in Richtung Maja e Rosit (Rosni Peak), einem Gipfel an der Grenze zu Montenegro, mit 2524 m Höhe. Den Gipfel konnten wir aufgrund der Hitze und wegen akutem Wassermangel nicht erreichen aber dafür den Sattel Qafa e Rosit, der uns einen Übergang nach Montenegro und einen Blick in das benachbarte Tal ermöglichte. Sehr schön! Es ist aber zu beachten, dass es auf der gesamten Strecke keine Möglichkeit gibt, die Wasserflaschen aufzufüllen! Auch der sehr nette Almwirt schenkt nur Cola, Fanta oder Lemon Soda aus. Ich frage mich, was der den ganzen Tag über trinkt?
Der bekannteste Wanderweg ist natürlich der bereits oben erwähnte Track nach Theth ins Nachbartal. Wer nicht in Theth übernachten möchte, kann auch nur die halbe Strecke gehen und dann wieder umdrehen. Die Aussicht soll auch hier herrlich sein!
Ein kulinarisches Highlight und der Shkodra See
Mrizi i Zanave
Der Rückweg von Valbona in Richtung Shkodra erfolgt zunächst wieder über Fierze und dann entlang der SH22 und SH5 über Fushe-Arrez und Puke wieder in die Region der Stauseen des Drin. Die Strecke ist zunächst eine Bergstraße mit herrlicher Aussicht, die Orte entlang des Weges sind allerdings wenig einladend und zum Teil alte und verlassene Industrieregionen aus der Zeit des Kommunismus.
Für den Abend hatten wir einen Tisch reserviert im Mrizi i Zanave, einem Agricultura Restaurant, mit angeschlossenem landwirtschaftlichem Betrieb, der seine Produkte größtenteils selber herstellt oder bei einer der 50 angeschlossenen Kleinbauernfamilien bezieht.
Das Restaurant ist kein Geheimtipp und auch viele Albanische Familien kommen hierher, um gut zu Abend zu essen. Das Ambiente ist schön und das Essen schlichtweg fantastisch: Man wählt einen Hauptgang (z.B. Zicklein oder Rind) und bekommt dann ein komplettes Menü drum herum serviert mit lokalem Käse, gegrilltem Gemüse, frischem Brot und unzähligen anderen Gaumenfreuden. Am Ende gibt es noch einen spannenden Nachtisch mit selbstgemachtem Eis und Früchten. Zum Essen kann man selbst gekeltert Wein trinken oder Bier aus einer angeschlossenen Craft-Beer Brauerei. Insgesamt mussten wir für ein opulentes Abendessen für 2 Personen mit Bier keine 25 € bezahlen und durften obendrein noch an einer kleinen Privatführung durch die Produktionsanlagen teilnehmen und im Anschluss unseren Camper für die Nacht kostenlos im hinteren Ende des Parkplatzes abstellen. Ein wirklich außergewöhnlicher Abend (danke, meine liebe Tanja!).
Shkodra See
Der Shkodra See, oder Stukarisee ist ein grenzübergreifender See und gleichzeitig der größte See der Balkanhalbinsel. Montenegro und Albanien teilen sich den See und er ist ein beliebtes Naherholungs- und Urlaubsziel.
Da ich (Armin) eine kurze Reise nach Deutschland antreten musste, war unser Ziel das Shkodra Lake Resort, der wahrscheinlich größte und professionellste Campingplatz in ganz Albanien. Die Anlage ist super sauber und bietet auch ein schönes Restaurant. Die Menschen dort sind hilfsbereit und geschäftstüchtig. So war es zum Beispiel kein Problem, einen Fahrer für meinen Hin- und Rücktransport zum Flughafen nach Tirana zu organisieren. Je nach Verkehr dauert die Fahrt dahin übrigens 1,5 – 3 Stunden und kostet pro Strecke 50 €.
Der See selber war jetzt im August fast zu warm und voll von Seegras. Immer wieder musste man die Finne des SUP Boards vom Gras befreien, um überhaupt vorwärts zu kommen. Der See ist sicher früher in der Saison einiges schöner.
Tirana und Berat
Wir sind beiden keine großen Stadtmenschen. Nicht falsch verstehen: Gerne zieht es uns auch mal in die spannenden Metropolen dieser Welt und wir haben ja auch schon einige davon gesehen. Mit Camper kann der Verkehr und die Suche nach einem Park- und Schlafplatz allerdings schnell anstrengend werden. Entsprechend entschlossen wir uns, Tirana nur anzuschneiden und das Bunk‘Art Museum im Nordosten der Stadt zu besuchen. Das Museum ist alleine schon deshalb einen Besuch wert, da es die Paranoia des alten Regimes sehr gut widerspiegelt. Ausgelegt als gesicherte Kommandozentrale, sollte im Falle einer Invasion (von wem, war nie so richtig klar) die Führung des Regimes unter Enver Hoxha hier sicheren Unterschlupf finden. Naja, wie die Geschichte lehrt, kam die Invasion am Ende ja doch nicht und das System brach zusammen. Bis heute stehen in Albanien an vielen Ecken die kleinen Bunker, insgesamt sollen fast 180.000 Stück errichtet worden sein.
Nach einem spannenden Blick über die Stadt ging es auf guten Straßen weiter nach Berat, der Stadt der tausend Fenster. In Berat kann man seit dieser Saison auf dem kleinen Campingplatz Riverside Camping übernachten, der in Fußgänger-Distanz zur Innenstadt liegt. Berat selber ist bekannt für seine Architektur aus der Osmanischen Zeit und zwischenzeitlich UNESCO Weltkulturerbe. Sehr lohnenswert ist der Blick von der oberhalb der Stadt gelegenen riesigen Festungsanlage, deren Besuch aber einiges an Muskelkraft abverlangt. Wir waren sonntags in der Hauptsaison in Berat und haben abends keinen Tisch mehr in den guten Restaurants bekommen – es ist also einiges los.
Osum Canyon und auf unbefestigten Pisten an die Küste
Für uns ein Highlight war die Fahrt durch den Osum Canyon (siehe Karte oben). Zunächst fährt man von Berat über Polican in das kleine Städtchen Corovoda. Auch hinter der Stadt ist die Straße in den Canyon hinein weiterhin gut asphaltiert und es gibt immer wieder die Möglichkeit, in den Canyon hinab zu blicken. Wanderer können auch ab Corovoda in den Canyon einsteigen und entlang des Flusses wandern.
Auf unserer Karte findet Ihr auch einen tollen Badeplatz mit Kiosk, der auch bei Einheimischen sehr beliebt ist. Hier kann man im herrlichen kühlen Fluss baden und einfach über Nacht stehen bleiben.
Weiter geht die Straße und wird nach einigen Kilometern plötzlich unbefestigt. Man fährt auf zum Teil ausgewaschener Piste aus dem Tal des Osum hinaus über einen Berg in Richtung des Ortes Permet. Unterwegs lädt das fast schon legendäre „Offroad Cafe“ zum Essen ein. Wir waren zum Frühstück dort und wurden mit Kaffee, frisch ausgebackenen Krapfen, Joghurt, Honig und Salat aus eigenem Anbau bewirtet. Darüber hinaus gab es eine kleine Raki- und Weinprobe (zum Frühstück!). Die Familie ist sehr nett, das Cafe gepflegt und sauber und die Preise sind fair. Wir waren beeindruckt von der Geschäftstüchtigkeit und sind mit 1 kg selbst geimkerten Honig (10 €) und einer 1,5 Liter Flasche selbst gebranntem Raki (8 €) weitergefahren. Camping nach dem Essen, wenn man abends kommt, ist auch möglich. Der Raki hier ist ja in der Regel ein Obst-Schnaps, im konkreten Fall aus Trauben und damit dem italienischen Grappa recht ähnlich. Es gibt ihn überall.
Im Tal des Aoös trifft die Piste auf die SH75. Auf diese biegen wir nach rechts ein und folgen ihrem Asphaltband bis zum Ort Tepelene. Ab hier schließt sich die SH76 an, die uns auf 34 km unbefestigter Piste über einen Bergrücken in Richtung Küste bringt. Diese Piste ist wirklich anstrengend, insbesondere die Passagen mit historischem Kopfsteinpflaster. Die Straße war in der Vergangenheit bereits ein wichtiger Handelsweg.
In der lebendigen Küstenstadt Vlore, die wir schleunigst wieder verlassen, sehen wir das Meer wieder.
Die Albanische Riviera südlich von Vlore
Die Albanische Riviera gilt als die am wenigsten zugebaute des gesamten Mittelmeeres (mit Ausnahme der Libyschen, aber da mag aktuell ja auch niemand Urlaub machen). Das ändert nichts daran, dass in der Hauptsaison in den Küstenorten ein ziemlicher Zirkus herrscht. Allerdings hat man zwischendrin viele unbebaute Bereich mit herrlicher Aussicht. Hierbei sei als Highlight der Llogara Pass genannt, welchen wir spätnachmittags in einer tollen Lichtstimmung befahren haben. Viele der Buchten und Strände entlang der Küste zwischen Vlore und Saranda eignen sich auch für das Wildcamping. Wir entschieden uns für eine kleine Bucht, die nur mit 4×4 über einen steilen Pfad erreichbar ist. Das Wasser hier war kristallklar.
Leider muss an dieser Stelle auch das Albanische Müllproblem angesprochen werden. Wenn ein Strandabschnitt nicht bewirtschaftet ist, ist er zwangsläufig vermüllt. Generell scheint die Albanische Abfallwirtschaft nicht gut zu funktionieren, was aber nur ein Teil des Problems ist. Umwelterziehung fehlt in vielen Fällen auch, denn Familien haben kein Problem damit, inmitten von Abfällen einen schönen Badenachmittag zu verbringen.
Ksamil und Butrint
Ein guter Ausgangspunkt, wenn man die historischen Stätten von Butrint besuchen möchte, ist die Stadt Ksamil. Ganz im Süden von Albanien gelegen, präsentiert sich hier auf dem ersten Blick der typische Mittelmeer-Zirkus: Jede Bucht ist zugestellt mit Liegen und aus den Strandbars und aus Restaurants dröhnt die Musik. Aber es lohnt sich ein zweiter Blick: Entlang der felsigen Küste vor der Stadt bieten sich immer wieder kleine Zustiege ins Meer und flache Bereiche auf dem Fels an, wo man sich ungestört hinlegen kann. Dann sieht man nur das Meer und die wenig bebaute Riviera. Lediglich ein paar Jungs auf Jetskis verraten, dass drum herum der Tourismus Vollgas gibt.
Sein Fahrzeug abstellen sollte man im Ksamil Caravan Camp (1000 Lek pro Person und Nacht), einem tollen kleinen Camp, ein paar Meter vom Strand entfernt. Die Betreiberin Linda und ihr Mann tun alles für das Wohlbefinden der Gäste und sind extrem herzlich. Alles ist blitzeblank sauber und man fühlt sich sehr willkommen. Auch gut geeigent für Backpacker und Menschen mit kleinerem Zelt: Diese können auf der Dachterrasse mit Meerblick aufgestellt werden.
Zu Fuss (ca. 6 km) oder mit dem Bus kann die historische Ruinenstadt von Butrint erreicht werden. Diese liegt am Ende einer kleinen Halbinsel, welche den Butrint See vom Meer trennt. Butrint hat eine lange Geschichte, die über Jahrtausende zurück reicht. Jede große Macht hat hier Spuren hinterlassen, seien es die Griechen, Römer, Venezianer oder Osmanen. Die Stätte ist schön unter schattenspendenden Eukalyptus Bäumen zu durchwandern und einen Halbtagesbesuch wert. Wir haben 700 Lek (ca. 6 €) pro Person für den Eintritt bezahlt.
Blue Eye (Syri i Kalter)
Unser letzter Stop in Albanien war der tiefblaue Gebirgsee Syri i Kalter oder international „Blue Eye“ genannt. Der See wird von einer unterirdischen Quelle gespeist und hat seinen Namen wegen seiner tiefblauen Farbe. Das Wasser ist eiskalt (ok, es hat 12° C) und lädt, wenn überhaupt, nur zu einem kurzen Badevergnügen ein.
Wenn man die Quelle in der Hauptsaison etwas für sich haben will, sollte man früh aufstehen: Tagsüber ist auch hier die Hölle los und die Magie des Ortes geht verloren. Für Offroad Fans ist die Quelle übrigens über den Ort Delvino auf einer angenehmen und wunderschönen Piste zu erreichen. Eine Variante, die wir gewählt haben.
Fazit Albanien
Wir hatten uns sehr auf Albanien gefreut und wurden nicht enttäuscht. Wie auch bereits in Montenegro zuvor, verlässt man hier die in Europa so klar geordneten touristischen Pfade und kann noch wirkliche Abenteuer erleben. Vieles, was in anderen Ländern Europas verboten ist, stört hier niemanden. Als Beispiel seien das Wildcamping und Offroad-Fahren genannt. Es bleibt abzuwarten, wie lange das so bleibt.
Die Albaner sind sehr herzliche Gastgeber und freuen sich über uns Gäste. Viele versuchen mit dem Individualtourismus etwas Geld zu verdienen, sei es mit einem kleinen Campingplatz, einem Restaurant oder selbstproduzierten Erzeugnissen wie Honig, Schnaps oder Wein. Wir finden das sehr sympathisch. Der aktuelle Hype um das kleine Balkanland, das fast 50 Jahre lang von der Außenwelt abgeschottet war, hat aber durchaus auch Schattenseiten: Es wird an manchen Orten hemmungslos und schwarz gebaut, überall stehen Bauruinen. Außerdem hat Albanien ein Müllproblem und mit den vielen Touristen wird das natürlich nicht besser.
Wir haben uns in Albanien drei Wochen lang immer wohl und sicher gefühlt und sagen herzlich faleminderit!
Tipps und Empfehlungen für einen Roadtrip in Albanien / Albanien at a glance
Einreise
Personen: für EU-Bürger ist der Ausweis ausreichend
KFZ-Papiere: Fahrzeugschein und grüne Versicherungskarte
Fahren in Albanien
Kaum ist man über die Grenze gefahren, geht ein ziemlich chaotischer Fahrstil los. Es wird wie wild überholt, egal ob der Fahrer sieht ob Gegenverkehr kommt oder nicht. Verkehrsregeln werden eher ignoriert und wer sich in Städten fortbewegen will, muss Präsenz zeigen. Nur so funktioniert es, aber dann recht gut.
Mobiles Datennetz
Telekom oder Vodafone → wir zahlten für 10 GB ca. 11 € bei Vodafone
Währung / Geldautomaten
Die offizielle Währung in Albanien ist der LEK. 120 Lek = 1 EUR (24.08.2019).
Es werden aber in vielen Restaurants und auf vielen Campingplätzen gerne Euros akzeptiert.
Empfohlene Restaurants
100 % Empfehlung für das Restaurant Mrizi i Zanave bei Fishte. Dies ist ein absolutes kulenarisches Highlight. Wir müssen aber auch sagen, dass wir in Albanien ausnahmslos gut gegessen haben. Unbedingt einen Tisch per E-Mail oder Telefon im Voraus reservieren!
Empfohlene Übernachtungsplätze
Auf Platz 1. der Campingplätze in ganz Albanien steht der Ksamil Caravan Campingplatz. Der Platz ist recht klein und man hat auch nicht sehr viel Platz, zumindest in der Hauptsaison. Aber hier wird Gastfreundschaft groß geschrieben. Man fühlt sich herzlich willkommen und wird verwöhnt wie bei „Mama“. Es gibt verschiedene Kochmöglichkeiten, Kaffee und Tee ist gratis, Trinkwasserspender verfügbar und täglich bekommt man noch ein Kaltgetränk angeboten. 1.000 LEK (ca. 8 €) pro Person ist keinen Cent zu viel. Und wir können noch betonen, dass die sanitären Anlagen blitze blank sind und ständig geputzt werden. Wir waren sehr, sehr gerne bei Linda und Alexander.
Wie oben schon erwähnt, ist dieser Campingplatz super professionell geführt und wir haben auf der ganzen Reise niemand getroffen, der nicht begeistert war. Auch hier versuchen die Besitzer alle Wünsche zu erfüllen. Es gibt ein tolles Ausflugsangebot was auch genutzt wird. Ein weiterer Pluspunkt ist das Restaurant. Man kann hier für wenig Geld super Essen, tollen Kaffee für 1 € trinken und das frische Brot ist hervorragend.
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Auf unseren Seiten empfehlen wir nur Produkte, die wir wirklich gut finden!
Sehr schöner Bericht und er macht echt Lust darauf selber mal dorthin zu fahren. Was meint ihr sollte das auch mit einem Unimog gut zu befahren sein? oder ist die Größe/Gewicht doch eher hinderlich?
Hallo Andreas, danke für dein Feedback! Ich denke mit einem Unimog wird insbesondere die Südroute Theth schwierig / nicht möglich, da über weite Strecken die Bäume recht tief hängen und die Strecke sehr schmal ist. Osum Canyon sollte passen und generell die Hauptrouten sollten gut befahrbar sein. Burghard Koch / Pistenkuh hat einen Offroadführer Albanien ausgearbeitet mit Touren Vorschlägen und Angaben zur Fahrzeugklasse. Vielleicht hilft das bei der Vorbereitung!
Ein toller Bericht, ein toller Trip. Ich freue mich auf den Tag, wenn ich starte. Weiter viel Spass euch beiden!
Gruß
Jan
Ihr Lieben,
Schöner Bericht über Albanien. Würden wir so unterschreiben!
War schön, Euch kennenzulernen und wir werden Eurem Blog sicher immer mal wieder mit Fernweh im Herzen folgen!
Sind wieder gut daheim angekommen und vielleicht kommt Ihr ja mal in Innsbruck vorbei 😉
Liebe Grüße und alles Gute auf der weiteren Reise!
Anna mit David und den Jungs
Hallo Anna und David,
es hat uns auch sehr gefreut euch und die Jungs kennen zu lernen.
Wie geht es eurem Auto? Wieder alles ok?
Wir sind jetzt seid 3 Wochen in Griechenland unterwegs und sind begeistert.
Klar, wenn wir mal in Innsbruck sind, melden wir uns.
Liebe Grüße vom Peloponnes,
Tanja & Armin
“Mit einem VW T3 oder T4 2WD wurde die Route wohl schon mehrfach befahren und jeder muss selber entscheiden, ob er sich das zutraut. Box-Camper auf Ducato-Basis („Familie Pössel und Co“) sollten sich das Vergnügen aber unbedingt sparen!”
Wir habens getan. Adria auf Fiat Ducato Basis, kein Allrad, nicht höher gelegt und ganze 6,40 m in der Länge.
Ich rate jedem davon ab das nachzumachen, wenn man nicht ein extrem präziser Fahrer ist. Ein höher gelegte Auto hätte geholfen…
Wir haben für die Strecke mit unseren ca 7 km/h fast 9 Stunden gebraucht. Die Passstraße war auch der Punkt an den wir gesagt haben, wie krank das ist und dass das nicht mehr den Abenteuer Charakter hat, den wir uns vorgestellt haben. Es war nicht mehr schön. Da habe ich ein bisschen recherchiert und bin auf den Blog Eintrag und die Wahl des Fahrzeugs gestoßen… Ja, wir sind wohl einfach nur krank.
Unterwegs haben wir am 1. Tag abends an einem Gästehaus halt gemacht und dort geschlafen. Der liebe Besitzer hat uns Fotos der anderen Gäste gezeigt, nur Geländewagen mit Dachzelt oder Mercedes Sprinter mit Allrad. Einen Fiat hat er noch nie im Leben hier gesehen. Ich hoffe das wird er auch nicht.
Fazit: Nehmt einfach die neue asphaltierte Straße. Fahrt nicht mit dem falschen Auto da hoch. Auch nicht weil man denkt es könnte cool werden, war es nicht.
Hallo Anneke! Vielen Dank, dass du eure Erfahrungen hier teilst. Wir haben auch in unserem Allrad-Mitsubishi einige Male geschwitzt und haben entsprechend großen Respekt vor eurer Leistung. Ich hatte ja damals abgeraten von einer Befahrung mit einem Fahrzeug wie dem euren und ich finde es interessant, dass du diese Ansicht teilst. Super, dass es für euch ohne Schaden geklappt hat. Genießt Albanien, es ist ein schönes Land mit netten Menschen. Viele Grüße, Armin
Hallo Armin,
vielen Dank für deine liebe Antwort. Jetzt, zwei Wochen danach, kann ich auf ein Abenteuer zurückblicken. Aber an den beiden Tagen habe ich viele Tränen vergossen. Deswegen wollte ich hier, auch für andere, nochmal anmerken, dass wir das mit so einem Auto natürlich nicht unbeschadet geschafft haben… Wir haben unsere Trittstufe verloren, die ist so verbeult dass sie nicht mehr ausfährt und unsere Anhängerkupplung ist etwas verbogen… Aber was am schlimmsten ist, dadurch dass es so dicht bewaldet ist und alles zugewachsen ist, haben wir uns ALLES zerkratzt. Die Seitenfenster, die Markise, den Lack, die Außenspiegel und alle schwarzen Plastikteile die am Ducato verbaut sind. Wenn also jemand auf die Idee kommt, das mit einem Kastenwagen nachzumachen, dann seid darauf gefasst… Es hätte etwas weniger weh getan, wenn der Wagen schon was älter wäre.
Aber immerhin sind es authentische Kratzer.
Und ja, Albanien ist ein tolles Land und wir haben so viele liebe Menschen getroffen!
Ganz liebe Grüße,
Anneke
Oje Anneke, das klingt ja nach ein paar ordentlichen Kampf-Spuren. Ich hoffe, man kann einige der Kratzer rauspolieren. Danke, dass du eure Erfahrung hier teilst. Albanien ist wirklich schön und die Leute sehr nett. Viele Grüße, Armin